Der «Kampf gegen rechts» nimmt in Deutschland immer bizarrere und – man muss es so sagen – verstörende Züge an. Mag man die Durchsuchungen im Zuge der Ermittlungen gegen die mutmassliche Reichsbürger-Zelle um Prinz Reuss noch nachvollziehen können, so ist der Umgang mit vermeintlichem juristischem «Beifang» schon mehr als befremdlich.

Sollten die «Reussen» tatsächlich Pläne zum gewaltsamen Umsturz gehegt haben, so wären Ermittlungen in alle Richtungen nachvollziehbar.

Markus Krall, ein sicher in vielfacher Hinsicht streitbarer Autor, EZB- und Klimapolitik-Kritiker, hatte Kontakt mit Vertretern der Zelle und musste sich deshalb peinliche Durchsuchungen an Leib und Wohnung gefallen lassen.

Was er sich nicht bieten lassen muss, ist die Tatsache, dass Protokolle und beschlagnahmte Unterlagen offenbar ziemlich fröhlich in den Medien landeten. Dass rechtsstaatliche Besorgnis öffentlich über diese Vorgänge nicht oder kaum vernehmbar war, spricht für sich, verwundert allerdings inzwischen niemanden mehr.

«Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer» (Francisco de Goya).

Gänzlich unerträglich wird es aber, wenn Aufzeichnungen über Gespräche Kralls mit unbeteiligten Dritten ebenso freihändig lanciert werden, weil ein «Dritter» eben der missliebige Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maassen ist.

Untersagte das Bundesverfassungsgericht vor einiger Zeit ausdrücklich das Mithören von Gesprächen Verdächtiger durch deutsche Dienste im Ausland, wenn unbeteiligte Dritte involviert sind, gelten die Gesprächspartner von Verdächtigen im Inland offenbar als Freiwild. Und selbstverständlich landeten auch diese Gespräche wie von zweckdienlicher Geisterhand in der Öffentlichkeit.

Das ist in verschiedener Hinsicht bemerkenswert: Zum einen macht das Bundesverfassungsgericht den gesamten Rest der Welt zu Grundrechtsträgern im Sinne des Grundgesetzes und macht die Dienste im Ausland nahezu blind. Zum anderen ist ein Unbeteiligter im Inland offenbar weitgehend rechtlos.

Und drittens schliesslich muss man schon sehr intensiv und gefestigt glauben wollen, dass der Weg der Ermittlungsunterlagen in die Öffentlichkeit eine bedauerliche und einmalige Panne sei. Andernfalls könnte man womöglich zu dem Schluss kommen, dass die Zer- und Herabsetzung missliebiger Personen und Meinungen im Sinne bekannter historischer Vorbilder gewollt und willkommen sei.

Ganz gleich, ob Politiker, beteiligter Jurist oder einfacher «Kämpfer gegen rechts» – allen Beteiligten sollte klar sein, dass allein schon die Verfestigung dieses bösen Scheins, der Rechtsstaat drücke alle Augen zu, wenn es nur die vermeintlich Richtigen treffe, zum Verfall von Recht, Regeln und Autorität von Behördenhandlungen führt. Daran kann eigentlich niemandem gelegen sein. Eigentlich.

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein neues Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Der Fall Krall: Warum muss sich der Autor eine Durchsuchung an Leib und Wohnung gefallen lassen? Warum werden Gespräche mit unbeteiligten Dritten freihändig abgehört? Und warum landen schliesslich alle Protokolle in der Presse?"
  • juege

    Der Unterschied zu 1989: Nun ist ganz Deutschland DDR.

  • tante berta

    den Regierenden steht das Wasser bis zum Hals. SPDGrüne registrieren, die Zustimmung im Volk ist weggebrochen. Trauen sich ScholzFäser und Rotgrüne vor das Volk, werden sie niedergebrüllt, ignoriert, verachtet. Sie wissen, die Ära rotgrün ist zu Ende, aber sie kleben an der Macht, um Machterhalt knebeln sie mit Hilfe ihres Machtapparates das Volk und jede kritische Person und Bewegung, genauso wie damals die DDR Regierung 1998.

  • Sachse01

    In D. ist man mit diesen Praktiken seit Generationen vertraut ,es wird sich nichts ändern ! Im Gegenteil , es wird immer ausgefeilter !